Wir sind wieder alleine unterwegs und damit sind auch die luxuriösen Mietwagenzeiten vorüber. Also ab in den ADO Bus und weiter nach San Cristobal de las Casas. Als wir morgens aufwachen sagt der Blick aufs GPS dass wir in die völlig falsche Richtung fahren. Kurzer Panikmoment, hätten wir doch irgendwo umsteigen müssen? Kurze Nachfrage beim Fahrer, wir verstehen nur irgendwas von Straßensperren und dass uns dieser Bus irgendwann ans Ziel bringen wird. Nach 20 anstatt 12 Stunden Fahrt kommen wir tatsächlich an, manchmal ist es besser, man weiß im Vorfeld nicht alles…
In San Cristobal wohnen wir bei der New Yorkerin Sonia. Die Krankenhausmanagerin im Vorruhestand führt ein strenges Regiment über 6 kleine Hunde, ihre steinalte Mutter und die nächsten Tage auch über uns. Sie ist sehr stolz auf Ihre Kochkünste und besteht darauf uns jeden Tag ein mehrgängiges Frühstück zu servieren. Einziger Haken: Serviert wird um acht Uhr morgens, ohne Widerrede. Zuerst fühlen wir uns eher wie in der Kaserne, als unser Küchengeneral täglich um 7:50 Uhr zum Wecken ruft, allerdings mit bedeutend besserer Verpflegung. Wir würden fast sagen Ihr Essen sucht mexikoweit seinesgleichen und ein bisschen bemuttert werden ist auch mal schön…
San Cristobal de las Casas ist ein nettes Städtchen, viel spannender finden wir aber das Dörfchen San Juan Chamula, dessen Bevölkerung der indigenen Gruppe der Tzotzil angehört. Diese angeblich direkten Nachfahren der Maya leben überwiegend nach ihren eigenen Gesetzen, sprechen nahezu kein Spanisch und praktizieren im Gegensatz zum Rest von Mexiko nach wie vor die Todesstrafe.
Sonia organisiert uns einen Guide, dessen Vorfahren aus der Gegend stammen und der deshalb von den Bewohnern akzeptiert wird. Bereits auf der Hinfahrt erzählt er uns, dass erst letzte Woche ein Bewohner wegen Autodiebstahl bei lebendigem Leib verbrannt wurde (im Nachhinein stellte er sich als unschuldig raus, bringt dem armen Kerl aber auch nichts mehr). Wenn man bei kleineren Delikten erwischt wird kommt man in die öffentliche Gefängniszelle und muss den Dorfplatz fegen. Wenn den Tzotzil ein Wahlergebnis nicht gefällt, werfen sie auch gern mal die Fenster des Rathauses ein. Wir sind also vorgewarnt und beschließen uns von unserer besten Seite zu zeigen…Vielleicht finde ich bei derart guter Führung ja einen Tzotzil, der mich zu seiner 2. oder 3. Frau nimmt, die männlichen Dorfbewohner leben nämlich bigam.
Und als ob Todesstrafe und Vielweiberei nicht schon reichen würden, praktizieren die Totzil auch noch eine ganz besondere Art des Schamanismus. Unser Guide begleitet uns in die Dorfkirche, die von Außen den Anschein eines ganz normalen Gotteshauses erweckt. Innen finden sich sowohl katholische Elemente, als auch zahlreiche fremdartige Reliquien und Heiligenbilder. Anstatt Kirchenbänken ist der Boden mit Kiefernnadeln bedeckt, überall brennen Kerzen und was wir dann zu sehen bekommen werden wir wohl unser Leben lang nicht vergessen. Vor unseren (und Jesus) Augen beschwören die Schamanen durch Rülpsen bösartige Dämonen, denen dann an Ort und Stelle diverse Hühner geopfert werden. Überall stehen Schnaps und Cola, um den Schamanen das Beschwörungs-Rüpsen zu erleichtern, dazwischen tote und lebendige Hühner und wir. Michi juckt es in den Fingern, er würde das Szenario gern mit der Kamera festhalten, aber unser Guide hat uns schon im Vorfeld eingebleut, dass fotografieren in der Kirche strengstens verboten ist. In einer englischen Reisegruppe gibt es dennoch einen rüstigen Rentner der es nochmal wissen will und heimlich knipst. Schnell entsteht ein Tumult, die Kirchenwächter sind not amused und nehmen in einem Handgemenge dem Rentner die Kamera ab. Leider müssen wir früher als geplant die Stadt verlassen, an dem Tag ist Wahlkampf und es wird erwartet dass Steine fliegen. Dennoch haben nach unserem Wissenstand alle Besucher an diesem Tag Chamula lebend verlassen…
Holy Moly: Oaxaca
Unsere Reise geht weiter nach Oaxaca. Diese Stadt bietet nicht nur eine große Bandbreite an Kunst und Kultur, sondern gilt auch als kulinarische Hochburg und ist berühmt für ihre Mole. [Achtung Sparwitz]Der Schwabe denkt jetzt wahrscheinlich „Hald a Mole“, was isch en des?“ [Hrhrhr]. Bei Mole handelt sich um eine Art dickflüssige Soße, in der normalerweise irgendein Fleisch liegt und es gibt sie in verschiedenen Farben. Rot, gelb, braun, grün, Michi hat es sich zur Aufgabe gemacht sich durch den molesken Regenbogen zu essen. Ich persönlich werde nicht zum Molefan, mir hat ein Omelett mit Ziegenkäse und frittierten Grasshüpfern (ja richtig gelesen), für die Oaxaca auch berühmt, ist am besten geschmeckt.
Bei unserer ausgiebigen Recherche (google-Bildersuche: Mexiko) sind wir auf einen Ort gestoßen den wir unbedingt besuchen wollten: Hierve el agua. Eine riesige Steinformation die wie ein gefrorener Wasserfall aussieht, mit natürlichen „infinity pools“ oben drauf von denen man einen wunderschönen Ausblick auf ein Bergpanorama hat. Gekauft! Mit dem „Bus“ (ein Typ mit einem Kleinwagen nimmt soviele Leute mit wie theoretisch möglich reinpassen) geht es in Oaxaca los und dreimal Umsteigen später liegen wir im Pool und fragen uns welcher Spaßvogel den Ort „kochendes Wasser “ genannt hat, wenn die Wassertemperatur in Wahrheit eher Richtung Gefrierpunkt geht…
Wir müssen dringend mal wieder am Teint arbeiten und Michi möchte surfen lernen also reisen wir weiter an die Atlantikküste nach Puerto Escondido, ein Ort wie für uns gemacht. Ein verschlafenes Küstenstädtchen mit lebhaften Stränden, genau die Mischung nach der wir gesucht haben. Eine Woche lang leben wir in einem kleinen Hostel mit Pool, 5 Minuten vom Meer entfernt. Die Hostelbesitzerin Liz ist ein Goldstück, all unsere Wünsche sind ihr Befehl. Und so gehen wir schon am nächsten Tag um 7 Uhr morgens mit ihrer Mutter zum Yoga und abends darf ich mit ihrer Freundin kochen. Rosario wurde mit sanfter Gewalt zu diesem Kochdate gezwungen, als wir gemeinsam zum Markt schlendern ist das Eis aber schnell gebrochen. Sie schüttet mir ihr Herz aus über ihre anstehende Hochzeit und die katholischen und familiären Konventionen, die sie eigentlich durchbrechen möchte. Es ist wie in einer mexikanischen Telenovela…Nebenher lerne ich zwar nicht wie man Mole kocht, aber dafür frittieren wir uns bei der Herstellung von Quesadillas die Seele aus dem Leib.
Michi wagt sich währenddessen aufs Surfboard. Das Wellenreiten an sich gefällt ihm gut, sein Lehrer ist jedoch nicht so motiviert. Sein Unterricht besteht aus zwei Sätzen: „you can do it, you can do it, man!“ Und wenn Michi dann von einer 4 Meter hohen Welle zerlegt wurde: „what happened Bro???“ Zitat Michi: „Ein bisschen mehr Theorie wäre schön gewesen“.
In Mexico City leben wir bei einem jungen chilenischen Pärchen. Die beiden planen ebenfalls eine Weltreise und so fühlt es sich gleich an, als wären wir daheim bei Freunden. Obwohl ganz so viel Vertrauen scheint Michi doch nicht zu ihnen zu haben, denn er schliesst (aus Gewohnheit) von innen unser Zimmer ab, um dann festzustellen, dass wir dafür keinen Schlüssel haben. Unsere Vermieter leider auch nicht und diesmal gibt es auch keinen Balkon, über den 00Strosack einsteigen könnte. Die beiden nehmen es zum Glück locker und so warten wir gemeinschaftlich auf den Schlüsseldienst.
Mexico City überrascht uns komplett und wir wünschten wir hätten mehr Zeit für diese tolle Stadt. An unserem letzten Tag genießen wir es durch die Gassen und Parks zu streunen, sehr viel mehr können wir leider auch nicht machen. Denn auch in einer Millionenstadt wie Mexico City sind an Montagen alle Museen geschlossen, und jetzt dürft ihr drei mal raten, an welchem Wochentag wir zum Abschluss einen Trip durch die Museen geplant haben…Ein schöner gemeinsamer letzter Abend mit unseren Vermietern versöhnt uns aber wieder und als Juan nach 3 Stunden Schlaf um 4:30 morgens extra aufsteht um uns ein Taxi zu rufen, verlassen wir Mexico City und damit auch den amerikanischen Kontinent mit schwerem Herzen…
San Cristobal de las Casas
Essen
„La Tertulia San Cris“ (Cuauthemoc 2, Centro), gemütliche Creperie mit leckeren Shakes.
Übernachten
Airbnb: „LARGE pvt ROOM pvt bath Breakfast“ bei Gastgeberin Sonia. Zentrale Lage, bombiges Frühstück und jede Menge Tips.
Aktivitäten
Besuch der Dörfer San Juan Chamula und Zitenanca. Beide Orte sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Aufgrund der spannenden Kultur der Tzotzil empfiehlt sich aber ein Tagestrip mit Guide (11 Euro pro Person).
Cañón del Sumidero: Touristischer Tagestrip. Bootsfahrt auf dem Fluss, schöne Natur und Krokodile inklusive (14 Euro pro Person)
Stadtspaziergang: Die Stadt liegt zwischen zwei kleineren Anhöhen, mit schönen Kirchen, die einen tollen Ausblick bieten. Man kann stundenlang durch die Gässchen streifen und immer Neues entdecken.
Tipp
In der Kirche Santa Lucia (blaues Dach) kann man gegen kleines Geld auf den Glockenturm steigen.
Oaxaca
Essen
„Cafebre“ (#103 interior 3, M.Bravo, Centro Oaxaca), nettes Hinterhofcafé. Unbedingt das Omelette mit Grasshüpfern und Ziegenkäse probieren.
Rund um den Markt Benito Juarez im Citycenter gibt es zahlreiche Möglichkeiten, gut und günstig Mole und andere Spezialitäten zu essen.
Übernachten
Hostal de las Americas, (Calle Porfirio Díaz Número 300, Centro Oaxaca), schönes Hostel in zentraler Lage, kleines Frühstück inklusive
Aktivitäten
Hierve el agua, versteinerter Wasserfall ca. 2 Stunden von Oaxaca entfernt ( Eintritt 2 Euro). Gut für einen Tagestrip geeignet, kann auf eigene Faust mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden (hin und zurück ca. 8 Euro).
Puerto Escondido
Essen
„Auakate“ am Playa Zicatela, best Burgers in town, aber auch leckere Tacos und Smoothies!
In der Markthalle gibt es tagsüber viele günstige Comedores mit leckerem lokalem Essen oder Obst und Gemüse kaufen und selber kochen.
Übernachten
Casa Losodeli (Prolongacion 2da Norte, Esquina Carretera Costera, 71980 Puerto Escondido), perfektes Hostel mit Swimmingpool und Küche. Zentrale Lage und Liz, die netteste Besitzerin der Welt!!! Tip: Wer Interesse an Yoga hat, Liz geht in ein gutes und enorm billiges Studio nur 10 Minuten vom Hostel entfernt.
Tipp
Am Playa Carrizalillo werden abends um 17 Uhr Babyschildkröten ins Meer entlassen. Wenn man Glück hat, darf man selber eine Schildkröte ins Wasser tragen.
Mexico City
Wohnen
„Roma Norte“, sicheres, hippes Viertel mit vielen Strassencafés.
Essen
„Mercado Roma“ (Querétaro 225, Roma Norte), coole Markthalle mit hochwertigen Essensmöglichkeiten (z.B. Cocktails am Stil). Am Wochenende auch ein bisschen „sehen und gesehen werden“.
Tipp
Vom Coffeeshop des Sears Einkaufszentrum hat man einen tollen Blick auf den Palacio de Bellas Artes.